Mit einer Kriegsflotte von Heeslingen die Oste hinab
Stand die Burg des Grafen Hed vor rund 1100 Jahren am Ufer des Flusses?
Stand an diesen Ufern der Oste einst die Burg des Königs Hettel? Ein Wall ist jedenfalls da. HEESLINGEN. Auf halber Strecke zwischen Heeslingen und Weertzen, auf der rechten Seite der Oste gelegen, soll vor vielen Jahrhunderten die Burg des Grafen Hed, die Heilsburg, gestanden haben. In östliche Richtung durch den Fluss und einen hohen Wall geschützt, im Norden durch den sumpfigen Auwald eines mäandernden Bachs begrenzt, wurde diese Burganlage höchst wahrscheinlich zu Beginn des 10. Jahrhunderts ausgebaut. Wie diese Anlage einst ausgesehen hat, ließ sich anhand von Grabungen rekonstruieren. Wie die Menschen damals dort lebten, darüber können wir heute nur spekulieren.
So kamen beispielsweise in den fünfziger Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts Vermutungen auf, dass die Heilsburg der Schauplatz der Gudrunsage gewesen sein könnte. Sie gilt neben dem Nibelungenlied als das zweite große Heldenepos des deutschen Mittelalters.
Der Hamburger Professor Peter Zylmann und auch der Historiker Angelus Gerken sahen einige Hinweise darauf, dass diese Theorie durchaus nicht abwegig sein könnte.
Das Reich des Königs Hettel von Hegelingen erstreckte sich entlang der Nordsee von Dänemark bis ins Land der Friesen. Dieser König ließ dereinst, unterstützt von seinen Freunden Wate von Stürmen und Horand von Dänemark, die schöne Königstochter Hilde entführen und nahm sie zur Frau.
Beiden wurden zwei Kinder geboren, der Sohn Ortwin und die Tochter Gudrun.Gudrun wuchs heran und wurde von vielen Königen umworben, von denen dem König Hettel jedoch keiner gut genug war. Schließlich stimmte er aber doch einer Verbindung mit Herwig von Seeland zu. Das erboste den Konkurrenten Hartmut von der Normandie dermaßen, dass er während einer Kriegsfahrt König Hettels mit einem großen Heer in dessen Land einfiel, um Gudrun zu rauben.
Auf dem Rückweg in die Normandie wurde er von König Hettel gestellt und es kam zu einem Gemetzel, in dessen Verlauf König Hettel vom Vater des kriegerischen Brautwerbers erschlagen wurde. Da Gudrun sich weiterhin weigerte, Hartmut zu ehelichen, machte dieser sie zu seiner Gefangenen.
Erst dreizehn Jahre später zog Gudruns Mutter mit einer großen Kriegsflotte und einem stattlichen Heer von mehr als tausend Mann in die Normandie, um ihre Tochter zu befreien. Der Normannenfürst wurde besiegt, Gudrun befreit und am Ende gab es sogar noch vier königliche Hochzeiten.
Soweit die Sage um die schöne Gudrun, aber wie hängt diese nun mit der Heilsburg zusammen?
Professor Zylmann sah zum einen die bemerkenswerte sprachliche Ähnlichkeit zwischen dem König Hettel und dem Burgherr der Heilsburg, dem Grafen Hed.
Ist es ein Zufall, dass König Hettels Waffenfreund Wate von Stürmen hieß, während unmittelbar neben dem Gau Heilanga der Gau Sturmi gelegen haben soll?
Eine alte Landkarte bezeichnet das Moor in Nachbarschaft zum Gau Heilanga als Siegfriedsmoor, während der getreue Freund des Königs in der Sage Siegried von Moorland genannt wird.
Fraglich ist jedoch, von wo aus Gudruns Mutter mit der Kriegsflotte in See gestochen sein soll. Der Historiker Angelus Gerken erklärte dazu in einem Artikel, dass die Oste einst deutlich breiter gewesen sein soll und deren Mündung viel weiter ins Binnenland reichte.
Dass die Normannen vor rund eintausend Jahren in der Region der Elbe und Weser mehrmals kriegerisch eingefallen sind, gilt als gesichert.
Ob sich das Heldenepos um König Hettel und seine Tochter Gudrun jedoch tatsächlich um die Heilsburg herum zugetragen hat, bleibt wohl auf ewig im Reich der Sagen verborgen. (he)
Artikel von Sabine Hennings
Quelle: Zevener Zeitung vom 17. Mai 2011: ZZ / 114 / Seite:9